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War Abbruch einer „Kaffeefahrt“-Veranstaltung in Wunstorf rechtmäßig?

Bundesweit tätiger Veranstalter wehrt sich vor dem Verwaltungsgericht gegen Untersagungsverfügung


Die Klägerin, eine in den Niederlanden gegründete Personengesellschaft, die nach eigenen Angaben bundesweit Verkaufsveranstaltungen zum Vertrieb von Gesundheitsartikeln, namentlich Haushaltsgegenständen (insbesondere Matratzen) und Nahrungsergänzungsmitteln (Q10) durchführt, wendet sich gegen die Untersagung einer von ihr im November 2016 initiierten „Weihnachtsfeier / Lebkuchen-Fabrikfahrt 2016“ in einer Gaststätte in Wunstorf. In dem der beklagten Stadt Wunstorf bekannt gewordenen Einladungs-Flyer wurden neben kostenlosen Mahlzeiten („Frühstück inklusive“, „Festtagsessen to go inklusive“) verschiedene andere Gratisleistungen versprochen, darunter „Losglück mit 300,00 EUR Weihnachtsgeld“, ein Lebkuchensortiment, eine Espresso-Kaffeemaschine sowie verschiedene weitere „Geschenke“. In der Einladungskarte findet sich der Zusatz „Gerne dürfen Sie besondere Menschen, die Ihnen am Herzen liegen, zu dieser Feier/Fahrt mitbringen.“, sowie die Ankündigung „Für jeden mitgebrachten Partner gibt es nochmals 50,00 EUR am Reisetag ausgehändigt.“. Als Absenderin ist die Klägerin mit einer Postfachadresse in Börger im Emsland angegeben.

Nachdem ein Mitarbeiter der Beklagten am Mittag des 23. November 2016 in Begleitung von Polizeibeamten die Veranstaltungsstätte betreten und festgestellt hatte, dass sich auf dem Tisch der beiden Werbesprecher der Klägerin Kaufverträge befanden und auch bereits Verträge abgeschlossen worden waren, untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofortiger Wirkung die weitere Durchführung der Veranstaltung. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der Veranstaltung um ein Wanderlager im Sinne von § 56a Abs. 1 GewO handele und dessen Vorgaben nicht eingehalten worden seien. Die Veranstaltung sei zwei Wochen vor Beginn bei der Beklagten anzuzeigen gewesen, da auf die Veranstaltung durch öffentliche Ankündigung hingewiesen worden sei. Dass es sich bei dem Einladungs-Flyer um eine öffentliche Ankündigung handele, ergebe sich bereits daraus, dass die angeschriebenen Personen aufgefordert worden seien, andere Personen mitzubringen. Die "Einladung" entspreche nicht den Vorgaben des § 56a Abs. 1 GewO, da im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Wanderlagern keine unentgeltlichen Zuwendungen angekündigt werden dürften.

Die Klägerin hat im Dezember 2016 Klage erhoben und geltend gemacht, dass sie als ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen unter Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit nur vorübergehend in Deutschland als Wanderlagerveranstalter tätig sei, weshalb sie von der Anzeigepflicht nach der Gewerbeordnung befreit sei. Bei den von ihr organisierten Veranstaltungen handele es sich auch gar nicht um Veranstaltungen im Sinne des § 56a GewO. Es würden lediglich Waren präsentiert; „der eigentliche Verkauf und die Warenübergabe gegen Bezahlung“ erfolgten bei eventuellen Interessenten zu Hause. Außerdem seien die Einladungen nur an „Stammgäste“ der Firma verschickt worden und stellten daher keine öffentliche Ankündigung dar. Sie habe auch künftig ein Interesse daran, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten Veranstaltungen gleicher Art durchzuführen. Derzeit könne sie noch keinen konkreten Termin zur Durchführung weiterer Veranstaltungen nennen, da sie eine erneute Untersagung durch die Beklagte befürchten müsse.

Über die Klägerin sind im Internet eine Reihe von Presseveröffentlichungen und öffentlichen Bekanntmachungen zu finden, in denen ihr „unseriöse“ Geschäftspraktiken vorgeworfen werden (z. B.: http://kaffeefahrten.lahn-dill-kreis.de/warnliste/warnung-details.html?tx_news_pi1%5Bnews%5D=3&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=943c258d363389228c73b60709fcf06f; abgerufen am 21.08.2018).

Termin zur mündlichen Verhandlung: 22.08.2018, 10.00 Uhr, Saal 3

Az. 11 A 7854/16

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.08.2018

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