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Verwaltungsgericht entscheidet baurechtliche Klageverfahren zum Betrieb des Restaurants „Rembetiko“ in Bemerode

4. Kammer weist sowohl die Nachbarklage gegen die Baugenehmigung als auch die Klagen des Betreibers auf längere Betriebszeiten ab


Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannovers hat auf die am heutigen Tage vor Ort durchgeführte mündliche Verhandlung sowohl die gegen die Baugenehmigung für das „Rembetiko“, ein griechisches Restaurant in Bemerode, gerichtete Nachbarklage als auch die beiden Klagen des Betreibers, die auf eine Verlängerung der Betriebszeit nach 22:00 Uhr gerichtet waren, abgewiesen.

Beklagt war in allen drei Verfahren die Landeshauptstadt Hannover. Sie erteilte Anfang 2017 dem Betreiber des Restaurants eine Baugenehmigung und legte dieser Entscheidung die vom Betreiber vorgelegte Betriebsbeschreibung sowie eine gutachterliche schalltechnische Untersuchung zu Grunde. Die Genehmigung gestattet die Bewirtung von maximal 150 Gästen bis spätestens 22:00 Uhr. Auch die Benutzung der 15 notwendigen Kfz-Einstellplätze ist nur bis 22:00 Uhr gestattet.

Ein Nachbar hat gegen diese Genehmigung vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben (4 A 4555/20). Er macht geltend, dass die Genehmigung des „Rembetiko“ rechtswidrig sei, weil das Baugrundstück in einem durch den örtlichen Bebauungsplan festgesetzten Allgemeinen Wohngebiet liege. In einem solchen seien Schank- und Speisewirtschaften nur in dem Rahmen zulässig, wie die Versorgung des Gebietes es erfordern würde. Das „Rembetiko“ sei aber ein stadtweit bekanntes Restaurant, das auf Besucher von außerhalb des Stadtteils ausgerichtet und angewiesen sei. Zudem seien ihm die von dem Restaurant und seinen Besuchern ausgehenden Immissionen nicht zumutbar.

Die Kammer ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Das maßgebliche Gebiet setze sich im vorliegenden Fall nicht nur aus dem großräumigen, sich überwiegend aus Einfamilien- und Reihenhäusern zusammensetzenden Gebiet westlich der Brabeckstraße zusammen, sondern umfasse jedenfalls auch die sich in fußläufiger Entfernung befindlichen Mehrfamilienhaussiedlungen im Osten. Angesichts dieses großen und eine verhältnismäßig hohe Bevölkerungsdichte aufweisenden Einzugsgebiets erscheine es auch bei einer Kapazität von bis zu 150 Gästen plausibel, dass ein überwiegender Anteil des Umsatzes mit den Anwohnern des Gebietes generiert werden könne. Auch das Betriebskonzept des griechischen Restaurants sei nicht auf ein gebietsfremdes Publikum zugeschnitten. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes könne der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, weil eine Beeinträchtigung seines – nicht direkt benachbarten – Grundstückes nicht belegt sei. Auch die im Rahmen der Genehmigung geprüfte schalltechnische Berechnung zeige, dass eine Lärmbelästigung des Klägers nicht in Betracht komme.

Der Betreiber des „Rembetiko“ erhob seinerseits Klage gegen die Entscheidungen der Landeshauptstadt Hannover, ihm den Betrieb des Restaurants einschließlich der Stellplätze nach 22:00 Uhr zu untersagen (4 A 5964/20) und seinen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Betriebszeit bis 23 Uhr zu versagen (4 A 4555/20). Grund für die Entscheidung der Beklagten sind vor allem die aufgrund des von dem Parkplatz ausgehenden Lärms nicht einzuhaltenden nächtlichen Immissionsrichtwerte in den umliegenden Wohnhäusern. Der Kläger beruft sich hingegen im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte das Vorhaben nur schematisch anhand einer um 22:00 Uhr beginnenden Nachtruhe behandele und die zahlreichen örtlichen Besonderheiten außer Betracht lasse. Eine Beeinträchtigung der umliegenden Wohnhäuser durch die Nutzung scheide bereits aufgrund der Vorbelastung der Umgebung durch den von der Brabeckstraße ausgehenden Verkehrslärm aus. Darüber hinaus habe die Baubehörde etliche Untersuchungen und Erwägungen unterlassen und das in ihrem Ermessen stehende Repertoir an rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, die zu der Entwicklung eines für die Nachbarschaft verträglichen Lärmkonzeptes hätten führen können. An zahlreichen ähnlichen Standorten befänden sich vergleichbare Gastronomiebetrieben mit längeren Betriebszeiten, ohne dass die Landeshauptstadt gegen diese vorgehe.

Auch diese Klagen wies das Gericht ab. Es obliege einem Bauherrn selbst, genehmigungsfähige Planungsunterlagen für sein Vorhaben zusammenzustellen und bei sich abzeichnenden Immissionskonflikten auch belastbare sachverständige Untersuchungen des Zustandes unter Berücksichtigung von möglichen Schallschutzkonzepten vorzulegen. Dies sei dem Kläger hier nicht geglückt. Die schalltechnische Untersuchung zeige, dass insbesondere für die im Westen unmittelbar angrenzenden Wohnhäuser die nächtlichen Lärmrichtwerte aufgrund des gutachterlich ermittelten Parkplatzlärms nicht eingehalten werden könnten. Die von dem Kläger angeführten örtlichen Besonderheiten stellten keine hinreichende Bewältigung des Immissionskonfliktes dar. Insbesondere führe die Vorbelastung der Einwohner durch den Straßenlärm nicht dazu, dass sie ohne Schutz vor hinzutretende Lärmquellen gestellt wären. Es sei hingegen nicht Aufgabe der Baubehörde, einem nicht genehmigungsfähigen Bauantrag mit eigenen gutachterlichen Untersuchungen, Planungsvorschlägen oder gar Maßnahmen auf Grundstücken Dritter zur Genehmigungsfähigkeit zu verhelfen.

Gegen die Urteile kann vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg binnen eines Monats die Zulassung der Berufung beantragt werden.

Urteile vom 10. März 2021

Az.: 4 A 3263/19, 4 A 5964/19, 4 A 4555/20

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.03.2021

Ansprechpartner/in:
Dr. Mirko Widdascheck als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Pressesprecher
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511 89750-382

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