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Klage gegen die Heranziehung von Straßenausbaubeiträgen für den jüdischen Friedhof (An der Strangriede)

Ortstermin der 4. Kammer


Die 4. Kammer verhandelt am 10. Mai 2022 eine Klage, mit der sich der Kläger gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wendet.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks, auf welchem sich der jüdische Friedhof (An der Strangriede) befindet. Auf diesem Friedhof werden keine Bestattungen mehr durchgeführt. Die Beklagte baute die Straße „An der Strangriede“ von der „Heisenstraße“ bis zur Kreuzung mit der Straße „Schneiderberg“ im Jahr 2016 aus, indem sie diese tiefbautechnisch grunderneuerte. Nachdem die Beklagte den Kläger mit Bescheid aus November 2020 zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 28.513,38 € herangezogen hatte, hat dieser Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er u.a. vor, die Beklagte habe das Grundstück fälschlicherweise rechnerisch mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 herangezogen. Zwar gebe es in der mittlerweile aufgehobenen Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten einen Auffangtatbestand, welcher für Grundstücke, die aufgrund entsprechender Festsetzungen in einem Bebauungsplan nicht baulich oder gewerblich, sondern nur in vergleichbarer Weise nutzbar seien (z.B. Friedhöfe, Sport- und Festplätze, Freibäder, Dauerkleingärten) oder innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils so genutzt werden, einen Nutzungsfaktor von 0,5 festsetzt. Dieser Nutzungsfaktor könne jedoch nicht für den jüdischen Friedhof maßgeblich sein. Ein passender Nutzungsmaßstab fehle in der Satzung. Der jüdische Friedhof verursache allenfalls 10 % des Verkehrs, der typischerweise mit dem Betrieb eines Friedhofes verbunden sei. Angehörige der auf dem jüdischen Friedhof Begrabenen würden den Friedhof kaum besuchen. Sie seien entweder selbst verstorben oder befänden sich im Ausland. Der jüdische Friedhof stelle mehr ein im öffentlichen Interesse geschütztes Denkmal, als einen Friedhof im eigentlichen Sinne, dar. Zu einer anderen Bewertung führten auch die Möglichkeit von Besuchen des Friedhofs nach Vereinbarung oder gelegentliche Führungen auf diesem nicht.

Die Beklagte steht demgegenüber auf dem Standpunkt, der Nutzungsfaktor sei für den jüdischen Friedhof maßgeblich. Die in der Satzung aufgezählten Anlagen (Friedhöfe, Sport- und Festplätze, Freibäder und Dauerkleingärten) seien lediglich beispielhaft, so dass die Stilllegung des jüdischen Friedhofes unschädlich sei. Es könne nicht für jeden von der typischen Nutzung abweichenden Fall eine Einzefallsatzung geschaffen werden. Neben Besuchen nach Vereinbarung und gelegentlichen Führungen müsse das Grundstück regelmäßig zu Gartenpflegearbeiten, Reparaturen und Restaurierungsarbeiten an den über 2600 Grabstätten betreten werden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück aufgrund einer autonomen Entscheidung des Klägers nur relativ wenig Interessenten zur Verfügung gestellt werde.

Die mündliche Verhandlung findet am Dienstag, den 10. Mai 2022 ab 11:15 Uhr vor Ort (An der Strangriede 55, 30167 Hannover) statt.

Az.: 4 A 6176/20

Artikel-Informationen

erstellt am:
06.05.2022

Ansprechpartner/in:
Dr. Mirko Widdascheck als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Pressesprecher
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511 89750-382

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