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Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes in Stolzenau darf vorerst nicht ausgenutzt werden

Eilantrag vor der 12. Kammer hat Erfolg


Die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat mit Beschluss vom 22. Juni 2021 entschieden, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes und eines Geschäftshauses in Stolzenau sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird und vorerst nicht ausgenutzt werden darf.

Der Antragsgegner hatte der Beigeladenen mit Bescheid vom 6. Juli 2020 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes und eines Geschäftshauses erteilt, gegen die der Antragsteller, der Testamentsvollstrecker über den Nachlass eines verstorbenen Anwohners ist, Widerspruch eingelegt und eine Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans, das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie unzumutbare Lärmimmissionen und die Unterschreitung von Grenzabständen zulasten eines unter seiner Verwaltung stehenden Grundstückes geltend gemacht hatte. In Bezug auf den im Jahr 2019 von der Gemeinde beschlossenen Bebauungsplan, der die Zulässigkeit des Bauvorhabens begründen soll, führt der Antragsteller derzeit noch ein Normenkontrollverfahren vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht.

Mit seinem Eilantrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die erteilte Baugenehmigung anzuordnen, hatte der Testamentsvollstrecker vor der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover nun Erfolg.

Nach Auffassung des Gerichts kann der Antragsteller als Testamentsvollstrecker nachbarliche Abwehrrechte in Bezug auf die seiner Verwaltung unterliegenden Grundstücke geltend machen und sich auch auf das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung berufen. Der Lebensmittelmarkt habe angesichts seiner Größe einer Vorprüfungspflicht nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterlegen. Eine solche Vorprüfung sei von der Gemeinde im Rahmen der im Jahr 2019 erfolgten Änderung des für die Vorhabengrundstücke geltenden Bebauungsplanes zwar durchgeführt worden. Die Vorprüfung hätte aber zu der Annahme führen müssen, dass das Vorhaben der Beigeladenen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Form von Lärmimmissionen haben könne, so dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. Denn nach der eingeholten schalltechnischen Untersuchung würden die geltenden Lärmimmissionsrichtwerte an einem der Verwaltung des Antragstellers unterliegenden Wohnhaus auch unter Berücksichtigung von schalltechnischen Maßnahmen wie der Errichtung einer Lärmschutzwand und der Sperrung von Teilflächen des Parkplatzes ab 20.00 Uhr nur knapp unterschritten. Damit hätten die Umweltauswirkungen zum Kenntnisstand im Zeitpunkt der Vorprüfung bereits an die Zumutbarkeitsschwelle herangereicht und seien deshalb in der Abwägung so gewichtig gewesen, dass ein Einfluss auf das Ergebnis des Bebauungsplanbeschlusses nicht ausgeschlossen werden könne. Nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz könne sich der Antragsteller auf das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch berufen, ohne dass es darauf ankomme, ob die Baugenehmigung tatsächlich auch materiell-rechtlich gegen nachbarschützende Vorschriften verstoße.

Die Beigeladene hat beim Verwaltungsgericht bereits einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses gestellt, mit dem sie erreichen will, dass sich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Baugenehmigung nur auf die Errichtung des Lebensmittelmarktes bezieht und der Neubau des Geschäftshauses hiervon ausgenommen ist.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt werden.

Az.: 12 B 358/21

Artikel-Informationen

erstellt am:
29.06.2021

Ansprechpartner/in:
Dr. Mirko Widdascheck als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Pressesprecher
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511 89750-382

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