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Disziplinarverfahren wegen kritischer Äußerungen eines Beamten bei Gerichtsverhandlung

18. Kammer gibt Eilantrag eines Polizeibeamten gegen seine vorläufige Dienstenthebung statt.


Gegen den Kläger war vor dem Verwaltungsgericht ein Disziplinarverfahren anhängig, weil er einen Unfall auf der BAB 2 nicht ordnungsgemäß aufgenommen hatte. In der mündlichen Verhandlung am 05.10.2010 verteidigte sich der Kläger mit "deutlichen Worten". Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sprach er mit Journalisten, die der mündlichen Verhandlung beigewohnt hatten, und wiederholte seine Kritik. Dieses Verhalten nahm die Polizeidirektion Hannover zum Anlass, ein weiteres Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten. Zugleich sprach sie ihm gegenüber die vorläufige Dienstenthebung aus.

Mit Beschluss vom 18.11.2010 gab die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts dem Eilantrag des Klägers statt, mit dem er sich gegen seine vorläufige Dienstenthebung zur Wehr gesetzt hat.

Eine vorläufige Dienstenthebung könne ausgesprochen werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werde. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Es spreche zwar manches dafür, dass sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung in der Wortwahl vergriffen habe und damit gegen die Dienstpflicht verstoßen habe, dass sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die sein Beruf erfordere. Dies sei aber ein Dienstvergehen von nur geringem Gewicht, das eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht rechtfertigen könne. Weitere Dienstvergehen seien dem Beamten - entgegen der Auffassung der Polizeidirektion - nicht vorzuwerfen. Das Gespräch mit den Journalisten im Anschluss an die mündliche Verhandlung stelle bereits deswegen keine Verletzung seiner Pflicht zur Verschwiegenheit und Loyalität dar, weil er den Journalisten gegenüber nichts anderes gesagt habe als in der mündlichen Verhandlung, die öffentlich gewesen sei. Sich gegen den Vorwurf eines Dienstvergehens in einer öffentlichen Verhandlung zu wehren, sei das gute Recht eines Beamten. Der Kläger habe auch nicht gegen die Wahrheitspflicht verstoßen, indem in der mündlichen Verhandlung auf seiner Einschätzung bestanden habe, der in Rede stehende Vorfall sei kein Unfall gewesen. Dies belege zwar mangelnde Einsichtsfähigkeit, stelle aber gegen keinen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht dar.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zulässig.

Aktenzeichen: 18 B 5173/10

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.11.2010

Ansprechpartner/in:
VPräsVG Ingo Behrens als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Pressestelle
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511/89750-318
Fax: 0511/89750-400

http://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de

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