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5. Kammer bestätigt sofortige Vollziehung des Widerrufs einer Lizenz zum Güterkraftverkehr

Sofortige Vollziehung einer Untersagungsverfügung gegen den Verkehrsleiter des Unternehmens ebenfalls bestätigt


In zwei Eilbeschlüssen vom gestrigen Tage hat sich die 5. Kammer mit dem Geschäftsgebaren eines 1983 in Hannover gegründeten und seit 2015 in der Region Hannover ansässigen Gütertransportunternehmens beschäftigt. Einer der beiden Gesellschafter ist zugleich Geschäftsführer und Verkehrsleiter des Unternehmens. Das Unternehmen hat derzeit 73 LKWs mit 129 Mitarbeitern im Einsatz. Trotz bereits vorhandener Erkenntnisse über Rechtsverstöße bei den Lenk- und Ruhezeiten hatte die seinerzeit noch zuständige Landeshauptstadt dem Unternehmen im November 2013 eine bis zum 31.10.2018 befristete Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden Güterverkehr neu erteilt und zunächst 20 beglaubigte Kopien (eine je Fahrzeug) ausgestellt. Zudem hatte sie im November 2014 zusätzlich 60 beglaubigte Kopien für weitere Lkws erteilt. Nach der Verlagerung des Firmensitzes in die Region teilte diese dem Unternehmen mit, dass im Rahmen des Risikoeinstufungssystems nach Art. 12 VO (EG) Nr. 1071/2009 ein „erhöhtes Risiko“ festgestellt worden sei. Nach Mitteilung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hannover seien im Zeitraum vom Januar bis Oktober 2015 insgesamt 58 OWiG-Anzeigen gegen Fahrer des Unternehmens eingegangen. Gegen den Geschäftsführer seien 21 OWiG-Verfahren eingeleitet worden. Das Unternehmen kündigte daraufhin die Auswechselung des Verkehrsleiters an, setzte dieses Vorhaben aber nicht um.

Nach Anhörung untersagte die Region Hannover dem Verkehrsleiter Ende Januar 2016 die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften und ordnete die sofortige Vollziehung an. Mit weiterer Verfügung vom Anfang Februar 2016 widerrief die Region zudem - ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - dem Unternehmen gegenüber die Gemeinschaftslizenz mit der Begründung, der Verkehrsleiter erfülle nicht mehr die Berufszugangsvoraussetzung der Zuverlässigkeit. Diese besitze ein Verkehrsleiter in der Regel nicht, wenn ein gegen ihn ergangener Bußgeldbescheid wegen eines sog. schwersten Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 unanfechtbar geworden sei. Seit der erstmaligen Mitteilung durch das Gewerbeaufsichtsamt Hannover seien 22 Bußgeldentscheidungen gegen den Verkehrsleiter rechtskräftig geworden. Inhalt seien fast ausschließlich massive Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßenverkehr. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, weil nicht zu erwarten sei, dass sich das Geschäftsgebaren des Unternehmens ändere. Um eine weitere Verletzung und Gefährdung schutzwürdiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zu vermeiden, liege es im besonderen öffentlichen Interesse, jede weitere Geschäftstätigkeit mit sofortiger Wirkung zu unterbinden.

Gegen beide Verfügungen ist Klage erhoben worden. Die zugleich gestellten Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts mit Beschlüssen vom gestrigen Tage jeweils abgelehnt. Zu Recht sei die Region davon ausgegangen, dass der Verkehrsleiter persönlich und auch das Unternehmen selbst nicht mehr als zuverlässig angesehen werden könnten. Gegen den Verkehrsleiter seien seit der Neuerteilung der Gemeinschaftslizenz schon mehrere Bußgeldbescheide wegen eines sog. „schwersten Verstoßes“ i. S. d. Anhangs IV zur VO (EG) 1071/2009 rechtskräftig verhängt worden. Weitere Verfahren wegen derartiger Verstöße seien beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hannover gegen ihn anhängig. Dies lasse die Schlussfolgerung zu, dass er nicht mehr die Gewähr dafür biete, die Güterkraftverkehrsgeschäfte zukünftig ordnungsgemäß zu führen. Gerade im Jahr 2015 seien besonders viele dieser sog. schwersten Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten vorgekommen. Es lasse sich eine eindeutige Tendenz hin zu zunehmenden Arbeits- und Fahrtzeitüberschreitungen der Fahrer feststellen. Dass das Unternehmen seine Ankündigung umsetzen könne und werde, aufgrund technischer Vorgaben (GPS) und verstärkter Anstrengungen im Hinblick auf Schulungen und Kontrollen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr zukünftig zuverlässig einzuhalten, halte die Kammer angesichts der bisherigen Unternehmensführung nicht für wahrscheinlich. Dagegen spreche, dass die außerordentlich zahlreichen Verstöße und Verfehlungen, die zu hohen Bußgeldern nicht nur für die Fahrer, sondern auch für den Verkehrsleiter geführt hätten, diesen bislang offenbar unbeeindruckt gelassen hätten bzw. er zu einer Änderung der Betriebsführung nicht gewillt oder nicht fähig sei. Zur Sicherung des besonderen öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Güterkraftverkehrs sei die sofortige Einstellung des Unternehmens erforderlich und angemessen. Es spreche weit Überwiegendes dafür, dass die von dem Unternehmen gemachten Ankündigungen zur Verbesserung der Situation dem Druck der drohenden Betriebseinstellung geschuldet seien und auch in Zukunft mit schwerwiegenden und schwersten Verstößen im Güterkraftverkehr gerechnet werden müsse. Hierfür spreche nicht zuletzt, dass eine Kontrolle der Polizei Hessen für den Zeitraum vom 06.01.2016 bis 03.02.2016 (Auslesedatum der Fahrerkarte) für einen der Fahrer des Unternehmens erneut massive Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten ergeben habe.

Gegen die Beschlüsse (Az. 5 B 994/16 und 5 B 718/16) ist jeweils das Rechtsmittel der Beschwerde zum Nds. Oberverwaltungsgericht gegeben.

Artikel-Informationen

erstellt am:
29.04.2016

Ansprechpartner/in:
Burkhard Lange als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511 89750352
Fax: 0511 89750400

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