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Gerichtliche Bewertung der aktuellen Lage für rückgeführte Asylbewerber in Afghanistan

19. Kammer stellt am kommenden Mittwoch 14 Monate alte Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts auf den Prüfstand


Der Kläger des in der nächsten Woche von der 19. Kammer des Gerichts zu verhandelnden Verfahrens ist ein im Jahr 2000 geborener afghanischer Staatsangehöriger, der Afghanistan aber schon als Kind verlassen hatte. Seinerzeit war seine Familie wegen Gefechten in ihrer Heimatprovinz in den Iran ausgewandert. Im Jahr 2016 reiste der Kläger mit zwei Geschwistern in die Bundesrepublik ein und stellte durch seinen Amtsvormund einen Asylantrag. Gegen den ablehnenden Bescheid hat der Kläger im Oktober 2017 Klage erhoben. Als Rückkehrer aus Europa werde er als „verwestlichte Person“ stigmatisiert. Ihm drohe deshalb sozialer Ausschluss und Verfolgung durch extremistische Gruppierungen. Zudem habe er ein erhöhtes Entführungsrisiko, weil Rückkehrern aus Europa unterstellt werde, dort an Geld gekommen zu sein und Unterstützungsnetzwerke zu haben. Jedenfalls bestehe ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, weil er im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan aufgrund der dortigen Versorgungs- und Sicherheitslage mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald verhungern würde oder ähnlichen existenzbedrohenden Gefahren ausgesetzt wäre.

Bislang geht die Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass eine Abschiebung nach Afghanistan nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen der dortigen schlechten humanitären Verhältnisse gegen Art. 3 EMRK verstößt, die für einen alleinstehenden, gesunden und arbeitsfähigen jungen Mann auch dann nicht generell gegeben sind, wenn er im Iran aufgewachsen ist (sog. "faktischer Iraner") und deshalb nicht über ein soziales Netzwerk in Afghanistan verfügt und er zudem weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch nennenswertes Vermögen besitzt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2019– 9 LB 93/18 –, www.rechtsprechung.niedersachsen.de). Diese Annahme wird die Kammer – neben der Frage des Verfolgungsrisikos für Rückkehrer aus dem westlichen Ausland – angesichts der Entwicklungen in der jüngeren Vergangenheit zu überprüfen haben.

Az. 19 A 11909/17

Termin: 18.03.2020, 9.30 Uhr in Saal 10

Artikel-Informationen

erstellt am:
12.03.2020

Ansprechpartner/in:
Burkhard Lange als Pressesprecher

Verwaltungsgericht Hannover
Leonhardtstraße 15
30175 Hannover
Tel: 0511 89750352
Fax: 0511 89750400

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